Praxis

Praktikum in der Großkanzlei Baker McKenzie, Berlin

Ein Praktikum in einer Großkanzlei zu verbringen kann lehrreich und spannend sein. Erneut möchte ich hier die Erfahrungen eines solchen zusammenfassen.
In den Semesterferien meines fünften Semesters habe ich ein sechswöchiges Praktikum in der Großkanzlei Baker McKenzie in Berlin absolviert. Von diesem Praktikum im Bereich Corporate kannst du hier lesen.

Baker McKenzie ist eine international tätige Anwaltskanzlei mit derzeit knapp 80 Büros in 46 Ländern. Damit ist sie die zweitgrößte Anwaltskanzlei der Welt. In Deutschland wird die Kanzlei durch rund 200 Anwälte an vier Standorten vertreten. Also der Inbegriff einer Großkanzlei und gute Wahl, um bei einem Praktikum in die Arbeitsweise einer solchen rein zu schnuppern.

Bewerbungsverfahren

Den ersten Kontakt mit Baker McKenzie hatte ich auf der Karriere Messe „myjobfair“ am Fachbereich der juristischen Fakultät der Universität Frankfurt am Main. Dort habe ich mich über verschiedene Möglichkeiten ein Praktikum zu absolvieren informiert und bin so mit einer Personalerin von Baker McKenzie ins Gespräch gekommen.

Kurze Zeit später habe ich ein Telefoninterview mit einem Partner aus Berlin, der auch mein Mentor während des Praktikums werden sollte, geführt. Dieser hat mich gefragt welche Vorerfahrungen ich in dem Bereich Corporate, für den ich mich beworben hatte, habe und welche Vorlesungen ich schon in der Universität besucht habe. Ich habe ihm von meinem vorherigen Praktikum, meinem Interesse am Wirtschaftsrecht und dem Plan die Summer Elsa Law School on M&A zu besuchen erzählt. Schon während des Telefonats stand der Plan sechs Wochen im Berliner Büro der Kanzlei zu verbringen. Die Möglichkeit verschiedenste Arbeitgeber auf einer Jobmesse kennen zu lernen, kann ich nur empfehlen. So kann man sich kennen lernen und ungezwungen Fragen stellen.

Im Sommer vor diesem Praktikum war mein Umzug von Frankfurt am Main nach Berlin geplant. Eine Wohnung in Berlin sollte ich zum Zeitpunkt des Praktikums aber noch nicht gefunden haben. Deshalb pendelte ich aus Brandenburg die sechs Wochen über zum Büro. Dies war nicht sehr angenehm aber gut auszuhalten, war ich doch häufig relativ pünktlich nach 18:00 Uhr aus dem Büro.

Innerhalb der Praxisgruppe Corporate war ich dem Team Restrukturierungs- und Insolvenzrecht zugeordnet. Mein Mentor war der einzige Partner in diesem Bereich. Außerdem arbeiteten eine Anwältin und eine wissenschaftliche Mitarbeiterin in diesem Bereich. Dieses recht kleine Team arbeitete stets eng mit Anwälten und Anwältinnen anderer Standorte in Deutschland und auf der Welt zusammen, sodass es nie an Expertise fehlte. Häufig wurden Projekte standortübergreifend bearbeitet.

Tätigkeitsbereiche und Aufgaben während des Praktikums

Während des gesamten Praktikums sah ich den Anwälten aus meinem Team bei der Arbeit über die Schulter. Ich saß an einem eigenen Arbeitsplatz im Büro für Referendare und Praktikanten. Täglich traf ich den Mentor, er gab mir neue Aufgaben und wir besprachen diese und neue Entwicklungen beim Mandanten.

Ein Großteil der Aufgaben waren Rechercheaufgaben zu bestimmten rechtlichen Fragestellungen, hierzu mussten Notizen oder E-Mails für den Mandanten zusammen gestellt werden. Ich recherchierte insbesondere zu Einzelthemen rund um verschiedene Kapitalgesellschaften, M&A-Deals und Problemstellungen und Risiken im Insolvenzverfahren.

Üblicherweise arbeitete ich hierbei für mein Team. Fiel mal etwas weniger an, dann suchte ich mir andere Aufgaben bei einem anderen Partner. Dadurch ergab sich die Chance an anderen, vom Insolvenzrecht unabhängigen, Mandaten mitzuarbeiten und in diese einen Einblick zu erlangen.

Besonders lehrreich empfand ich die häufige Arbeit mit englischen Unterlagen und das selbstständige Verfassen von englischen Texten. Dies bedeutete einen wertvollen Praxistest der englischen juristischen Fachterminologie.

Das zuvor (vor dem 5. Semester) in universitären Vorlesungen gehörte Wissen hatte kaum Bedeutung für die tatsächliche Arbeit in einem derart speziellen Bereich wie dem Restrukturierungs- und Insolvenzrecht. Da Insolvenzrecht jedoch ohnehin an fast keiner deutschen Universität gelehrt wird, konnte Fachwissen auch nicht gefordert werden. Vielmehr waren solide Grundkenntnisse in den Bereichen Gesellschafts-, Handels- und Arbeitsrecht nötig, mit deren Hilfe man sich in das Gebiet einlas und sich neues Wissen aneignete.

Ich persönlich konnte meine Neigung zum Wirtschaftsrecht, dem Recht der Unternehmen, insbesondere zu dem Bereich M&A festigen und habe auf dieser Grundlage auch die Entscheidung für den Schwerpunktbereich Gesellschafts- und Steuerrecht an der Uni Potsdam treffen können.

Gesamteinschätzung

Bei der Arbeit an Restrukturierungs- und Insolvenzfragen in einer internationalen Großkanzlei kommt man vielmals mit brisanten, aus den Medien bekannten, Thematiken und Unternehmen in Berührung. Zudem berühren die Probleme der Mandanten oftmals viele unterschiedliche Rechtsbereiche. Dies hat eine spannende Arbeit und einen enormen Wissenszuwachs für Praktikanten und Praktikantinnen zur Folge. Auch die Art und Weise der Arbeit in einer Großkanzlei unterstützt dies. Ein/e Praktikant/in kann deshalb bei einem Praktikum im Insolvenzrechtsteam einer Großkanzlei viel sehen und lernen, sollte aber solide Grundlagen in vielen Rechtsgebieten mitbringen, um effektiv mitarbeiten zu können.

Bei der Wahl eines Praktikums sollte man sich jedoch bewusst sein, dass Themen wie das Insolvenzrecht hochspezialisiert sind. Um noch mehr Erlerntes für spätere Vorlesungen oder Examina mitnehmen zu können würde ich eine andere Praxisgruppe vorschlagen. Möchtest du aber genau dein Interessengebiet abstecken und die Arbeit in einer Großkanzlei kennen lernen, dann kann ich diesen Bereich sehr empfehlen.

Du möchtest mehr über Praktika in Großkanzleien erfahren? Dann lies in Interviews über Praktika in den Großkanzleien Ashurst oder Hogan Lovells.

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