Neben dem Studium zu arbeiten ist für viele Studierende ganz normal. Für manche ist es die Notwenigkeit den Lebensunterhalt (teils) selbst zu bezahlen, für andere ist es der Wunsch Erfahrungen in der Praxis zu sammeln, der sie dazu bewegt. Für Jurastudierende könnte sich die Option bieten als studentische Hilfskraft in einer Kanzlei zu arbeiten. Von meinen Erfahrungen in einem solchen Nebenjob berichte ich hier.
Meinem Empfinden nach ist es unter Jurastudierenden unüblicher eine Nebentätigkeit zu haben, als das vielleicht bei Studierenden anderer Studiengänge der Fall ist. Teil der Erklärung mag sein, dass es für uns nur einen verhältnismäßig kleinen Markt an fachbezogenen Nebenjobs gibt. Statt junger Studierender werden eher Absolventen mit dem ersten Staatsexamen für eine wissenschaftliche Tätigkeit gesucht. Hilfsjobs wiederum werden anderweitig vergeben oder einem Dienstleister überlassen. Jüngeren Studierenden bleiben dann Praktika.
Auf meiner Suche nach einer fachbezogenen praktischen Nebentätigkeit in Berlin habe ich deshalb vor einem Jahr gezielt Kanzleien auf der myjobfair-Messe in Frankfurt am Main angesprochen und dort nach Nebenjobs gefragt. So bin ich auf die Kanzlei Bryan Cave Leighton Paisner gestoßen. Der Kontakt auf der Messe war sehr positiv, denn bereits dort war ein studentischer Mitarbeiter vor Ort und konnte mir Fragen über seine Beschäftigung beantworten.
Als ich wenig später nach Berlin zog, blieb ich in Kontakt mit der Kanzlei, bis im Frühjahr eine Stelle frei wurde. Das war ideal, denn durch den neuen Job konnte ich auch die Stadt schnell besser kennen lernen. Die geplante wöchentliche Arbeitszeit lag bei 12 Stunden, aufgeteilt auf zwei Tage. Die tatsächliche Arbeitszeit war mit ungefähr 15 Stunden in der Woche jedoch deutlich höher, da ich häufig Vertretungen übernahm. Da alle Stunden exakt vergütet wurden, stellte das aber kein Problem dar. Die Arbeitszeiten der Studenten und Studentinnen im Büro lagen über den ganzen Tag verteilt. Stets waren zwei oder mehr Studierende anwesend. Aufgrund der Einteilung der Zeiten zum Semesterstart arbeitete ich immer abends zwischen 15 und 21 bzw. 14 und 20 Uhr.
Wir studentische Mitarbeiter waren für eine Reihe von Tätigkeiten im Büro verantwortlich. Dazu gehörte das Sauberhalten des Empfangsbereiches, das Bereitstellen von Obst und Gemüse, das in Empfang nehmen von Mandanten und Gästen, sowie das Erledigen von Besorgungen und kleinerer Botengänge für Angestellte, das Drucken, Faxen, Einpflegen von Unterlagen und Telefonieren.
Insgeheim hatte ich auch auf ähnliche fachliche Tätigkeiten wie ich sie aus meinen beiden vorangegangenen Praktika kannte, gehofft. Recherchieren war, wie bereits oben angedeutet, aber wissenschaftlichen Mitarbeitern und Referendaren vorbehalten.
Nichtsdestotrotz finde ich bietet diese Art der Tätigkeit, auch ohne tiefer gehende fachliche Arbeit, einen wertvollen Blick hinter die Kulissen einer international agierenden Großkanzlei. Ohne Deadlines oder Druck von Vorgesetzten konnte man die Arbeit in der Kanzlei und die internen Abläufe beobachten. Vorteilhaft war auch die freie Einteilung der Arbeitszeiten zwischen den Studierenden. Die, zu Beginn des Semesters festgelegten, Zeiten konnten problemlos untereinander getauscht und verschoben werden. Eine derart freie Zeiteinteilung ist in anderen Nebentätigkeiten nicht möglich. Das kleine Team und die sonst einfachen Aufgaben ermöglichten es einem auch, schnell Verantwortung zu übernehmen. So konnte man dafür verantwortlich sein den Materialbestand oder die Bibliothek zu pflegen.
Ein Highlight meiner Tätigkeit bei BCLP war definitiv die Möglichkeit eine Woche lang im Hamburger Büro zu arbeiten. Dort wurde ein weiteres Büro der Kanzlei umstrukturiert und so kam es, dass einzelne Studierende dorthin geschickt wurden um bei der Eingliederung zu helfen. Die Kanzlei war erst zu Beginn des Jahres aus dem Merger der Kanzleien Bryan Cave und Berwin Leighton Paisner entstanden und so konnte man die Eingewöhnungsphase hautnah miterleben.
Ein weiterer schöner Moment für mich in dieser Kanzlei war definitiv auch der überraschende Gewinn eines Ipads – ich hatte an einer globalen Competition unter allen Angestellten teilgenommen und für die Einsendung von Vorschlägen, den Preis erhalten. Das hat mir nochmal die Bedeutung der Arbeit in einer internationalen Großkanzlei aufgezeigt. Meinen Beitrag hatten sich Mitarbeiter in London durchgelesen und er würde nun bei der Weiterentwicklung eines internen Lernsystems helfen.
Nachdem ich gut ein halbes Jahr im Berliner Büro gearbeitet hatte, hatte ich nicht nur ein weiteres Praktikum geplant, sondern im nächsten Semester stand auch meine Bachelorarbeit an. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschieden die Tätigkeit zu beenden. Die sechs Monate waren aus den oben genannten Gründen eine wertvolle Erfahrung, bei der ich einiges lernen konnte und viele tolle Kollegen kennengelernt habe.
Ich kann diesen Nebenjob vor allem jüngeren Studierenden sehr empfehlen, die erste Einblicke in die Arbeit einer Großkanzlei erlangen möchten und einen flexiblen Nebenjob suchen. Was ein derartiger Nebenjob jedoch nicht ersetzen kann, sind echte Praktika. Ein Blick hinter die Kulissen ersetz kein vollwertiges Praktikum, bei dem man konstant und über mehrere Wochen fachlich an Mandaten mitarbeitet, statt diese ausschließlich organisatorisch zu betreuen. Deshalb kann ich es auch nicht empfehlen eine solche Arbeitszeit als Praktikum anrechnen zu lassen (wie ich es immer wieder bei Kommilitonen gesehen habe), sondern empfehle beide Erfahrungen unabhängig voneinander zu machen und so den juristischen Horizont bestmöglich zu erweitern.